
Marie Diefenbach-Wilke
Marie Diefenbach-Wilke war Student Grant-Stipendiatin der Wübben Stiftung 2024/25 und promoviert nun zur Entwicklungsbiologie des Immunsystems. Rückschläge haben sie in ihrem Forscherdrang nicht aufgehalten. Hier berichtet sie von ihren Zielen und ihrer aktuellen Leidenschaft, den Makrophagen.
Makrophagen werden immer ein bisschen ignoriert. Es sind die Fresszellen unseres angeborenen Immunsystems. Sie greifen ganz am Anfang von Krankheiten ein und spielen für die Entwicklung des Embryos eine wichtige Rolle. Bisher ist wenig bekannt über Makrophagen – gerade deshalb finde ich sie so interessant.
Für meine Masterarbeit habe ich untersucht, welche Makrophagen bei einer Malaria-Infektion im Körper aktiv sind, was noch gar nicht erforscht war. Was Makrophagen auch spannend macht: Sie können sich gegen uns richten – zum Beispiel einen Hirntumor fördern, statt ihn zu bekämpfen. Das habe ich mir während meines Auslandspraktikums am Netherlands Cancer Institute angeschaut. Meine Experimente sind größtenteils schiefgelaufen. Am Ende ist es mir jedoch gelungen, die Makrophagen davon abzuhalten, bestimmte Fette zu fressen, die den Tumor sonst bekämpfen könnten.
Rückschläge ermutigen mich, weil man durch sie unerwartete Entdeckungen machen kann. Ich habe schon als Kind beim Eiskunstlaufen viel Disziplin gebraucht. Da hilft auch oft nur: Aufstehen und Weitermachen. Man muss immer versuchen zu verstehen, warum etwas schiefgelaufen ist und es dann wieder probieren.
Mich beschäftigt eher die Grundlagenforschung. Wenn Leute mich fragen, warum ich Krankheiten wie Malaria nicht gleich heilen will, dann sage ich, dass es dafür noch nicht genug Wissen über die Immunantwort gibt. Ich würde gerne heilen, aber man muss die Auswirkungen einer Krankheit erst einmal verstehen. Das kann dann manchmal zur Heilung beitragen – etwa die Basis für neue Immuntherapien legen.
Es ist wichtig, die Rolle von Makrophagen zu verstehen, weil sie wichtige Stellschrauben im Immunsystem sind. Mit neuesten Sequencing-Methoden und Hochdurchsatzverfahren kann man den Blick auf das gesamte System richten und beobachten, was sich verändert, wenn man an einer Stellschraube dreht. Die Zusammenarbeit mit Bioinformatiker:innen und anderen Spezialist:innen ist dabei essenziell.
Natürlich kommen immer wieder neue Fragen auf: Unbekannte Erreger etwa oder Herausforderungen für das Immunsystem durch salzhaltigere Ernährung und Mikroplastik. Makrophagen können Mikroplastik fressen, aber nicht abbauen; es verbleibt im Körper. Vielleicht sättigt das Mikroplastik die Makrophagen auch, die dann andere Erreger schlechter abwehren können.
Mein Ziel ist es, die Grundlagen des Immunsystems so gut zu verstehen, dass wir Therapien gezielter einsetzen können, damit sie nur jene Zellen angreifen, die wirklich eine Gefahr bergen.
Für meine Doktorarbeit werde ich untersuchen, ob eine stark salzhaltige Ernährung die Aktivität der Makrophagen in Darm und Leber beeinflusst und ob sich Mikrobiom sowie Darmdurchlässigkeit verändern. Ich will dabei auch Geschlechterunterschiede beachten. Denn solche Fragen wurden bisher oft an Männern erforscht, weil das schlicht einfacher ist, da sie zum Beispiel keine Zyklusschwankungen haben.
Es ist noch so viel unerforscht, dass man gar nicht ahnen kann, was es alles zu entdecken gibt. Mein Ziel ist es, die Grundlagen des Immunsystems so gut zu verstehen, dass wir Therapien gezielter einsetzen können, damit sie nur jene Zellen angreifen, die wirklich eine Gefahr bergen. Ich hoffe, dass wir in Zukunft in der Lage sein werden, Immunerkrankungen innerhalb weniger Tage zu diagnostizieren, die beteiligten Immunzellen zu erkennen und dann umgehend eine personalisierte Immuntherapie anzubieten.

Marie Diefenbach-Wilke promoviert am Life & Medical Sciences-Institut (LIMES) der Universität Bonn in der Arbeitsgruppe von Elvira Mass zur Entwicklungsbiologie des Immunsystems. Sie hat an der Universität Kiel Biologie und der Universität Bonn Biologie und Immunbiologie studiert. Am Netherlands Cancer Institute hospitierte sie im Bereich Tumorbiologie und Immunologie. Sie koordiniert die Arbeitsgruppe Kommunikation der Young European Federation of Immunological Sciences (yEFIS). Im Studienjahr 2024/25 war Marie Diefenbach-Wilke Stipendiatin der Wübben Stiftung Wissenschaft.